…seit ich das letzte Mal was geschrieben habe. Ja, ich weiß, ich bin ein faules Stück und sollte mich was schämen. Ich verspreche auch, daß ich diesen Beitrag aus der virtuellen Ecke meines Blogs schreibe, in die ich mich reuig gestellt habe. So.
Viel ist nicht passiert in der letzten Zeit, aber immerhin genug, daß ich mich dazu durchringen konnte, es stichwortartig kundzutun. Los geht’s:
- In der letzten Juliwoche hat es mich erneut nach Oaxaca verschlagen. Meine gute Freundin Cynthia war so nett, mir Gastfreundschaft in ihrem Haus zu gewähren, so daß ich mich dort bequem einquartieren konnte. Anlaß zur Reise war die “Guelagüetza”, das lt. eigenen Angaben “größte Folkloreereignis Lateinamerikas”. Hierunter ist eine folkloristische Tanzaufführung zu verstehen, an der Tänzer(und ich schreibe bewußt nicht zusätzlich noch “Tänzerinnen”, weil ich für den Erhalt des generischen Maskulinums eintrete) aus den umliegenden Regionen und Dörfern von Oaxaca auftreten.
Interessant ist hierbei anzumerken, daß die Tänze nicht von Profis dargeboten werden, die eine genau durchchoreographierte Darstellen bieten, sondern vielmehr von Amateuren, die in traditionellen Gewändern ihre seit langem überlieferten Volkstänze aufführen. Das verleiht der Veranstaltung einen angenehm familiären Anspruch, ist man der einheimischen Kultur auf diese Weise doch wesentlich näher als es bei anonymen Profitänzern der Fall wäre. Andererseits muß ich hier einwerfen, daß die Vorführung nach einer gewissen Zeit - nunja, nennen wir die Dinge beim Namen - langweilig wurde. Die Tänzer sind durchaus nett anzusehen, wie sie sich in ihren farbenfrohen Trachten züchtig umtanzen(teilweise verschränken die Männer sogar die Hände auf dem Rücken), aber nach der zweiten oder dritten Gruppe ertappt man sich doch dabei, daß man seine Aufmerksamkeit eher der fantastischen Aussicht über das Tal von Oaxaca widmet, die einem der Aufführungsort präsentiert. Ich war darum auch nicht sonderlich enttäuscht, als meine Begleiterinnen Cynthia und Vianey den Wunsch äußerten, das Auditorio(das ist die amphitheaterähnliche Bühne, s. Foto) zu verlassen. Den Rest der Aufführung haben wir dann teilweise bei Cynthia zuhause im Fernsehen verfolgt - meiner Meinung nach die bessere Alternative(ausnahmsweise!), im Vergleich zum Sitzen in der prallen Sonne.
Weiterhin berichtenswert aus Oaxaca ist meine zweite Tour nach Monte Alban. Diesmal war ich alleine unterwegs um den archäologischen Sehenswürdigkeiten mehr Zeit und vor allem Aufmerksamkeit widmen zu können. Tatsächlich sind mir diesmal Dinge aufgefallen, die ich beim letzten Mal übersehen habe - auch nicht zuletzt deswegen, weil ich mich konsequent an den Rundgang gehalten habe, wie er in meinem Reiseführer beschrieben ist. Es verleiht der Besichtigung tatsächlich eine ganz andere Qualität, wenn man wirklich einmal ernsthaft versucht, die teilweise stark verblaßten Reliefs an den Wänden zu erkennen und zu verstehen oder sich vorzustellen, wie auf den etwas abgelegeneren Tempelgebäuden ein Menschenopfer vollzogen wurde…
Am Donnerstag ging es dann nach Hierve el Agua(”kochendes Wasser”), einer Ansammlung von mineralhaltigen Quellen deren Wasser von Felsplateaus herunterfließt und durch die Ablagerungen spektakuläre Formationen erzeugen. Mit dem Bus unschlagbar günstig nach Mitla gefahren und dort zunächst gewartet. Offenbar war nicht gerade touristische Hochsaison, so daß der erste colectivo sich erst nach einer guten halben Stunde - wenn nicht noch mehr - blicken ließ. Mit drei Mädels aus gringolandia, die sich in der Zwischenzeit auch noch eingefunden hatten, bestieg ich schließlich einen etwas klapprigen Nissan Pick-up, der von einem sympathischen Kerl gelenkt wurde. Wie sich später herausstellte heißt er Humberto und ist Angehöriger der Zapoteken - eben jenes Stammes, der vor hunderten von Jahren Monte Alban erbaute. Um es gleich vorwegzunehmen: das weitaus spektakulärste an meinem Ausflug nach Hierve el Agua war mit Sicherheit die Fahrt. Da die Quellen auf einem Felsplateau liegen, ist zunächst ein nicht ganz unwesentlicher Höhenunterschied zu überwinden. Da allerdings der ursprüngliche(und mutmaßlich einigermaßen vernünftig ausgbaute) Weg aufgrund eines Streits zwischen zwei Dorfgemeinschaften ständig blockiert wird(soweit ich es verstanden habe, geht es darum, daß die eine Dorfgemeinschaft der anderen die Einnahmen durch die Touristen nicht gönnt, bzw. in Form von Straßennutzungsgebühren etwas von dem Kuchen abhaben will und darum den Teil des Weges, der durch deren eigenes Gebiet führt, sperrt), hat man kurzerhand eine alternative Route in den Fels gedroschen. Dieser provisorische Pfad würde wohl jedem verantwortungsvollen Straßenbauer den Schweiß auf die Stirn treiben: eine unasphaltierte Schotterpiste, die sich in engen Serpentinen den Berg hinaufwindet und dabei auf jeglich Leitplanke an der Abgrundseite verzichtet, zudem durchzogen von Furchen, die sich durch das ablaufende Regenwasser in den Pfad eingraben. Ich kann nicht behaupten, daß ich während der Fahrt sonderlich entspannt die unbestreitbar fantastische Aussicht genießen konnte, die Mädchen waren wohl noch etwas nervöser. Unserem Fahrer war das aber egal, nicht nur, daß er mindestens doppelt so schnell fuhr wie ich es an seiner Stelle gewagt hätte, mitten während der Fahrt führte er auch noch ein Telefongespräch per Handy, während er das Fahrzeug vermittels Knielenkung auf Kurs hielt.
Nach einer guten Stunde war es überstanden und wir erreichten das Plateau. Der Ort an sich ist relativ trostlos und verfügt über ein einigermaßen unzumutbares Toilettenhäuschen, ein im Bau befindliches Hotel oder Wellnesszentrum und - etwas abgelegen - ein paar provisorische Imbißbuden, an der ich der einzige Kunde war… Nachdem ich mich mit einer schmackhaften Quesadilla gestärkt und eine Flasche Wasser mitgenommen hatte, ging es dann zu den Quellen.
Der An- und Ausblick lohnt sich auf jeden Fall, was ich hier mit einigen Fotos zu illustrieren versuche(zum Vergrößern bitte anklicken).Nach gut zwei Stunden und nachdem ich auf diversen Felspfaden rauf- und runter gekrabbelt war hatte ich alles gesehen und machte mich wieder auf zum Parkplatz. Zurück ging es wieder mit Humbertos Klapperkiste. Für den Rest des Tages hatte ich mir eigentlich noch die Besichtigung der Ruinen von Mitla vorgenommen, die mit besonderen Mauerverzierungen aufwarten, allerdings war das Gelände bereits geschlossen, als ich ankam und weil es zudem noch zu regnen anfing, kehrte ich kurzerhand zum Busterminal zurück.
- Das zweite berichtenswerte Ereignis war mein Ausflug nach Mexico City anläßlich des mexikanischen Unabhängigkeitstages am 15. September. Meine Freundin, mit der ich den Tag eigentlich verbringen wollte, hatte mich sitzen lassen, so daß ich kurzerhand bei einer anderen Freundin, Tania, mitfuhr. Diese Freundin hat wiederum eine Freundin, und deren Eltern wohnen in Mexico City, so daß dort auch gleich eine Unterkunft vorhanden war. Um auch hier schon einmal vorzugreifen: es ist eigentlich nichts passiert, die Ereignisse lassen sich schnell zusammenfassen: den Tag (oder vielmehr Abend) der Ankunft(Freitag, der 14.) verbrachten wir in einem ziemlich empfehlenswerten Lokal, “La Vitrola”. Die Eltern der Freundin meiner Bekannten sind hier wohl Stammgäste - nicht ohne Grund, es gab Live-Musik von verschiedenen Bands die alle gut Stimmung gemacht haben und allgemein wurde die Atmosphäre durchaus einer Großstadtbar gerecht. Zum Schlafen ging es allerdings erst gegen halb fünf(diese Leute hatten eine bemerkenswerte Ausdauer, ich hörte mein Bett schon um halb zwei zunehmend lauter rufen). Das dürfte der Grund dafür sein, daß der nächste Tag erst gegen halb eins nachmittags begann - ich war etwa gegen elf aufgestanden, damit gehörte ich zu den Frühaufstehern. Das Haus verließen wir erst gegen drei Uhr nachmittags, allerdings nicht, wie ich gehofft hatte, Richtung Zentrum, sondern vielmehr in das Einkaufszentrum “Perisur”. Hierbei handelt es sich um einen mondänen Shoppingtempel, mit Boutiquen von Prada, Louis Vouitton u.a., Freßmeilen und sonstigen Möglichkeiten zum vergnüglichen Ärmerwerden. Durchaus sehenswert, allerdings hätte ich einen etwas “touristischeren” Ansatz vorgezogen, schließlich hat Mexico City einen gigantischen Zocalo mit einer gigantischen Mexico Flagge so wie natürlich den gigantischen Torre Latinoamerica und andere Sehenswürdigkeiten zu bieten. Die sind mir leider alle entgangen, so daß ich die Fotos, die ich zu Illustrationszwecken hier und da in den Text eingestreut habe, aus dem Internet zusammenräubern muß. Fotos habe ich selbst übrigens kaum welche gemacht, dazu hatte ich schlicht und einfach keine Lust(schon weil es praktisch nichts Besonders zu fotografieren gab).
Der Abend begann recht vielversprechend, man saß lustig bei Tequila zusammen und unterhielt sich über dies und jenes(natürlich wurde auch wieder fleißig über die Unterschiede Deutschland<->Mexico debattiert) während das Großereignis grito de la independencia näher rückte. Ich war mir eigentlich sicher, daß Mexikaner, die schon in Mexico City wohnen, es sich nicht entgehen lassen würden, Leuten von auswärts die größte Party des Landes vorzuführen und freute mich schon darauf, dem mexikanischen Präsidenten auf dem Zocalo mit tausenden von Menschen zuzujubeln. Viva México! Aber - nix is passiert, das geplante Abendessen war tatsächlich erst wieder gegen halb eins fertig(zum Vergleich: der grito war schon um 23:00 Uhr), die Einnahme desselben dauerte dann wohl auch noch bis halb zwei und bis sich dann zumindest das Jungvolk, nämlich Tania(die wie ich ebenfalls etwas erleben wollte), ihre Freundin Rocio, deren Bruder Javier und ich, endlich dazu durchringen konnte, nochmal loszuziehen, verging nochmal ne gute Dreiviertelstunde. Ich hatte den Eindruck, daß außer uns beiden Auswärtigen(Tania kommt aus Oaxaca) keiner so richtig Lust hatte, das Haus zu verlassen. Das gerufene Taxi verspätete sich dann auch noch, so daß wir dann etwa gegen drei Uhr morgens nicht etwa ins Zentrum aufbrachen(da wäre wohl eh nichts mehr losgewesen), sondern den Weg nach Coyoacán einschlugen, ein eher historisches Stadtviertel, das zum Beispiel durch die Malerin Frida Kahlo berühmt wurde. Hier wartete ein ziemlich austauschbarer Straßenjahrmarkt auf uns, mit Schießbuden, Futterständen und Fahrgeschäften, der allerdings auch schon im Begriff war, von den Schaustellern wieder abgebaut zu werden. Erzählen muß ich davon nicht, wer schonmal auf nem Jahrmarkt war, weiß, wie es da aussah. Bett wieder gegen halb fünf, aufgestanden wieder gegen zwölf, gefrühstückt, zurück nach Cholula gefahren.OK, ich will nichts miesmachen. Der (winzige) Eindruck, den ich von der größten Hauptstadt der Welt bekommen habe, hat mir durchaus Lust auf mehr gemacht, die Leute, mit denen ich unterwegs war, waren überaus unterhaltsame und freundliche Gesellschaft und die Ehre, inmitten einer mexikanischen Familie den Unabhängigkeitstag zu verbringen will ich bestimmt auch nicht kleinreden. Ich konnte wohl auch kaum erwarten, daß man sich die Zeit nimmt, für den Ausländer ein Wochenende lang den Touri-Guide zu spielen. Aber daß ich nun wirklich gar nichts (in Worten: gar nichts) von den Sehenswürdigkeiten, mit denen Mexico City aufwartet, gesehen habe, wurmt mich dann doch etwas.
Gut, gut. Das soll erstmal reichen, um den Anschluß an die aktuellen Geschehnisse wiederherzustellen. Bis zum nächsten Mal verabschiede ich mich diesmal auf zapotekisch:
Sacru jiitu!